Die heilige Beziehung

23.01.2021

Gleich zu Beginn meines Studiums von Ein Kurs in Wundern wurde mir durch das Buch Die Illusion des Universums von Gary Renard die Wichtigkeit der Vergebungsarbeit bewusst. Doch wie genau ich das als Neuling auf den Kurspfaden machen sollte, war mir nicht so ganz klar, und deshalb hatte ich die Vergebungsformel vonSeite 367 aus seinem Buch auswendig gelernt:

Du bist eigentlich gar nicht hier. Wenn ich dich für schuldig oder für die Ursache des Problems halte, dich aber erfunden habe, dann müssen die eingebildete Schuld und Angst in mir sein. Da die Trennung von Gott nie statt gefunden hat, vergebe ich uns "beiden", was wir nie getan haben. Übrig bleibt nur die Unschuld, und ich verbinde mich in Frieden mit dem Heiligen Geist.

Neben dem regelmäßigen Lesen des Textbuches und dem Voranschreiten bei den täglichen Lektionen wandte ich diese Formel auf alles an, was meinen Geistesfrieden störte. Und das war eine Menge. Im Unbewussten schien es zu kochen. In den ersten paar Monaten kam soviel hoch, dass ich diesen Spruch bestimmt 50-100 Mal pro Tag auf das auftauchende Thema anwenden musste. Das ging lange gut, bis ich nach ein paar Monaten die Nase wirklich voll hatte. Ich sperrte den Kurs und Garys Bücher weg in einen Schrank, damit ich sie nicht mehr anschauen musste. Endlich hatte ich Ruhe. Nach zehn Tagen Pause holte ich alles wieder hervor, und wie wenn nichts geschehen wäre, machte ich da weiter, wo ich aufgehört hatte. Seither gehört das Kursstudium und die Praxis wahrer Vergebung zu meinen vordringlichsten Beschäftigungen.

Als wir später eine Kursgruppe ins Leben gerufen hatten, versuchte ich den Mitgliedern die Wichtigkeit der wahren Vergebung ans Herz zu legen und empfahl, Die Illusion des Universums zu lesen und ebenso Vergebung zu üben. Es ist wichtig, dass man das nicht nur liest, sondern auch täglich umsetzt. Nach meiner Erfahrung weißt du nach 1'000 Mal, wie es geht und nach 10'000 Mal, dass es funktioniert. Diese Botschaft kam nicht besonders gut an und wurde belächelt. Im Diamantweg-Buddhismus werden Mantras rezitiert. Das erste dient als Einstieg und wird 11'111 wiederholt. Gezählt wird mithilfe einer Gebetskette. Danach folgen die Mantras der vier Grundübungen, die je 111'111 Mal wiederholt werden. Bei täglich einer Stunde meditieren dauert das 1-2 Jahre pro Übung. Der Kursschüler mag sich nach dem Sinn fragen. Es ist eine Übung in spiritueller Disziplin. Und ohne Disziplin ist nichts erreichbar. Der Kurs macht dies unzweideutig klar mit der Aufforderung: "Setze deine Wachsamkeit nur für Gott und Sein Reich ein." (T-6.V-C)

Wie oft müssen wir vergeben, bis alle unbewusste Schuld durch den Heiligen Geist aufgelöst ist? Das hängt davon ab, wie viel davon im Unbewussten noch verborgen ist und wie viel in zurückliegenden Traum-Inkarnationen mittels spiritueller Disziplin abgebaut wurde. Ein Hinweis gibt uns NTI mit der Interpretation der Offenbarung, einer Art Zusammenfassung (The Holy Spirit's Interpretation of the New Testament, Übersetzung des Abschnitts Rev 7 aus Metaphysis). Am Ziel sind 144'000 Lektionen gelernt, die in zwölf Kategorien aufgeteilt sind, entsprechend der Anzahl der Stämme Israels. Das sind folgende:

  1. Du bist unschuldig.
  2. Du bist der Sohn Gottes und alles, was du erfährst, ist eine Gabe an dich selbst.
  3. Du wählst den Zweck für alles, was du siehst und der Zweck, den du wählst, ist derjenige, der ihm gegeben wird.
  4. Zweck beruht auf Verlangen. Da es nur ein wahres Begehren gibt, gibt es nur einen wahren Zweck. Alles andere ist Illusion.
  5. Du bist nie allein. Trennung ist falsch. Das Licht im Geist leiht dir seine Stärke, weil das Licht im Geist deine Stärke ist.
  6. Die Illusion der Welt ist falsch. Sie scheint nur wirklich, weil du ihr deinen Glauben gegeben hast. Aber im Zurücknehmen deines Glaubens muss ihre Echtheit vergehen.
  7. Dein Glaube und dein Vertrauen sind alles, denn in was du deinen Glauben steckst, das wirst du erfahren. Dem ist so, weil du der Sohn Gottes bist.
  8. Dein wahres Begehren ist: "Erkenne dich selbst." Jedes andere Verlangen ist das Verlangen, dich selbst nicht zu erkennen, was bedeutet, Mangel und Angst zu wählen. Du bist bereit, die vorübergehende Erfahrung von Mangel und Angst beiseitezulegen und die Vollständigkeit der Wahrheit erneut zu erkennen.
  9. Alles, was nicht Wahrheit ist, ist Illusion. Illusion zu wählen bedeutet, Fantasie zu wählen, aber Fantasie kann die Wahrheit nicht verändern.
  10. Fantasien werden im denkenden Geist gesponnen. Indem du dem denkenden Geist erlaubst zu spinnen, wählst du Fantasie. Indem du dem denkenden Geist erlaubst zu ruhen, wählst du Wahrheit.
  11. Alles, was du erfährst, ist Liebe. In dieser Aussage gibt es keine einzige Ausnahme. Wenn du glaubst, dass du auf etwas schaust, was nicht Liebe ist, nimmst du fehlerhaft wahr. Um die Liebe zu sehen und zu erkennen wie sie ist, lass deine Fehlwahrnehmung los.
  12. Einssein ist alles, was jetzt wahr ist. Der Glaube an Trennung ist immer falsch gewesen, also muss alles, was durch die Linse dieses Glaubens gesehen wird, ebenso falsch sein. In dieser Aussage gibt es keine einzige Ausnahme.

Der Inhalt dieser Liste findet sich auch verteilt auf verschiedene Stellen im Kurs. Was beispielsweise das Spinnen von Fantasien (10.) betrifft, ermahnt uns der Kurs: "Du bist viel zu nachsichtig gegenüber dem Umherschweifen von Gedanken und entschuldigst stillschweigend die Fehlschöpfungen deines Geistes." (T-2.VI.4:6)

Nach meiner Erfahrung lassen sich die Lektionen der Vergebung zu Themenkreisen bündeln:

  1. Vergleichen. Wie automatisch vergleiche ich mich mit anderen und schneide dabei besser oder schlechter ab. Das ist nichts anderes als Be-Urteilen und bestätigt die Trennung. Das Gegengift ist, dass ich mit der beurteilten Person in eine heilige Beziehung eintrete.
  2. Erwartungen. Wenn ich mit dem Auto oder zu Fuß unterwegs bin, verhalten sich die anderen oft nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. "Wenn du dich ärgerst, liegt es dann nicht daran, dass jemand die Funktion, die du ihm zugewiesen hast, nicht erfüllt hat?" (T-29.IV.4:1) Ich kann die Situation drehen, indem ich bedingungslos alle, die mir begegnen, innerlich begrüße und willkommen heiße. "Der Heilige Geist lehrt, dass du immer dir selbst begegnest, und die Begegnung ist heilig, weil du es bist." (T-13.IV.6:9)
  3. Fehler. Alles, was verdrängt wurde, wie Situationen, die ich im Nachhinein als peinlich empfunden habe, wo ich mich blamiert habe, einem Irrtum aufgesessen bin, unüberlegte Aussagen gemacht habe, mich falsch verhalten habe usw., all das ist im Unbewussten - im Ego - gespeichert. Das Ego vergisst nie. Ab und zu tauchen diese Dinge wieder auf und werden mir als meine eigenen Fehler vorgeführt. Je weniger ich die Schuld dafür auf andere projiziere, desto häufiger bleibt sie an mir selbst hängen. Das Ego wirft sie mir vor, in der Absicht, dass ich daran glaube, um so sein Weiterbestehen zu sichern. Das Ego lügt! Nicht weil es gut oder schlecht ist, sondern weil das seine Natur ist und nicht anders kann, da es selbst eine eingebildete Lüge ist. "Wenn du bereit bist, die alleinige Verantwortung für die Existenz des Ego zu übernehmen, dann hast du allen Ärger und allen Angriff abgelegt, weil sie aus dem Versuch herrühren, die Verantwortung für deine eigenen Fehler zu projizieren. Hast du aber die Fehler als die deinen angenommen, dann behalte sie nicht. Übergib sie rasch dem Heiligen Geist, um sie vollständig aufheben zu lassen, damit alle ihre Wirkungen aus deinem Geist und aus der Sohnschaft als Ganzes schwinden." (T-7.VIII.5:4-6).
  4. Vergangenheit. Es scheint ab und zu verführerisch zu sein, dass ich mir Gedanken über die Vergangenheit mache und mir vorstelle, wie es gewesen wäre, wenn ich mich anders entschieden, einen anderen Weg genommen hätte, ich etwas anderes ausprobiert, einen anderen Bildungsweg eingeschlagen hätte, wenn gewisse Dinge anders verlaufen wären, wie doch alles viel besser geworden wäre. Die Idealisierung der Kindheit und der Glaube, dass früher alles besser war, sind ebenfalls Zerrbilder. Die Vergangenheit in Gedanken zu verändern stellt den Sühneversuch des Ego dar, herrührend aus der unbewussten Schuld, um mich gegenüber Gott in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Die Vergangenheit ist erst vorbei, wenn alle negativen Emotionen, die mit Erinnerungsfetzen aus der Vergangenheit verknüpft sind, losgelassen und aufgehoben worden sind. "Die Vergebung ist die große Befreiung von der Zeit. Sie ist der Schlüssel zum Lernen, dass die Vergangenheit vorbei ist." (T-26.V.6:1-2)
  5. Gegenwart. Manchmal geht mir die Welt oder was in der Welt passiert auf die Nerven. Manchmal scheint alles so kompliziert zu sein, als ob ich mich in einem undurchschaubaren Labyrinth verloren hätte. Manchmal scheint alles ewig zu dauern, nichts geht vorwärts und ich sehe meine hoffnungsvollen Pläne untergehen. Ich scheine das Opfer einer fehlerhaften Welt zu sein, die sich in ihrer eigenen Kompliziertheit schwelgt, und einer Willkür ausgesetzt, über die ich keine Kontrolle zu haben scheine. Was ich aber in der Welt sehe, sind nichts anderes als meine nach außen projizierten Gedanken. Ärgere ich mich über die Welt, dann habe ich mich für das Ego entschieden. Doch kann ich mich ebenso gut in meine Harmlosigkeit vertiefen und aus einem inneren Frieden in Liebe die Welt betrachten, und dann widerspiegelt sie meine Harmlosigkeit.
  6. Zukunft. Wenn ich mit der Gegenwart zufrieden bin, finden sich unweigerlich Gedanken zusammen, die sich ausmalen, was zukünftig alles schief laufen könnte. Vorauseilend mache ich mir Sorgen, was alles Schlimmes passieren, wie sich ein kleines körperliches Gebrechen verschlimmern, wie ich wichtige Termine verpassen, wie ich untragbar hohen Lebenshaltungskosten ausgesetzt werden könnte, usw. Die Liste ließe sich fast beliebig erweitern. Oder ich beginne mich vorauseilend über das zu ärgern, was alles schief laufen und wer alles was für Fehler machen könnte. Es kann sich eine Dynamik entwickeln, in die ich mich hineinsteigern kann, bis mir bewusst wird, was abläuft: Die unbewusste Schuld wird in Form von Angst oder Ärger auf zukünftige Geschehnisse projiziert und erzeugt negative Erwartungen. Im Kurs findet sich eine hervorragende Anleitung, diesen Gedankenstrom abzubrechen: "Ich muss mich falsch entschieden haben, weil ich nicht in Frieden bin. Ich habe die Entscheidung selbst getroffen, kann mich aber auch anders entscheiden. Ich will mich anders entscheiden, weil ich in Frieden sein will. Ich fühle mich nicht schuldig, weil der Heilige Geist alle Folgen meiner Fehlentscheidungen aufheben wird, wenn ich Ihn nur lasse. Ich beschließe, Ihn das tun zu lassen, indem ich Ihm gestatte, für mich die Entscheidung für Gott zu treffen." (T-5.VII.6:7-13)
  7. Lebensthema. Von allen in der Welt eingegangenen Beziehungen können diejenigen zu den Eltern und Geschwistern die ersten und längsten besonderen Beziehungen sein und bieten aufgrund ihrer Entwicklungsgeschichte viel Material für Vergebungslektionen, unabhängig davon, ob sie körperlich noch anwesend sind oder nicht. Es ist eher ein hilfloser Versuch, vertrackte Situationen zu analysieren. Der Kurs bietet eine andere Behandlungsform als Psychiater und Psychologen, nicht die Beschäftigung mit Wirkungen, nicht Symptombekämpfung, sondern die Aufhebung der zugrunde liegenden Ursache. Alle diese Menschen stehen symbolisch für den einen Bruder, dem ich alles vergeben muss, um mir selbst zu vergeben. Mittels wahrer Vergebung wird der Projektion unbewusster Schuld ein Ende gesetzt.

Zum Schluss die Beschleunigung, das Mittel, das nur der Kurs bietet, um Zeit einzusparen. Die fortgeschrittenste Form der wahren Vergebung ist die heilige Beziehung (T-18.VII.5). Wenn ich den heiligen Augenblick wähle, vertiefe ich mich in meine Harmlosigkeit und verbinde mich in Frieden mit jedem und allem. Damit bin ich mit allem, was es gibt, in einer heiligen Beziehung, mit Jesus, mit dem Heiligen Geist, und betrachte alles mit Liebe. In Wirklichkeit haben wir nur eine einzige Beziehung, diejenige mit Gott, in der alles als eins verbunden ist. Und diese ist es, die sich in der heiligen Beziehung widerspiegelt.

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